Dörfer werden Zukunftsorte – Kamingespräch 2022
Neue Perspektiven
Dörfer werden Zukunftsorte – Wohnen auf dem Land
Sowohl vor Ort als auch im Live-Stream konnten Interessenten am diesjährigen Kamingespräch in der Zentrale des Network-Partnerunternehmens FingerHaus in Frankenberg am 01.Dezember einer interessanten Diskussion lauschen, bei der Zukunftsvisionen für den ländlichen Raum betrachtet wurden. Auf der Diskussionsbühne standen Katrin Frische (Gründerin KoDorf Wiesnburg), Klaus Cronau (Geschäftsführer Fingerhaus GmbH) und Michael Leitner (Gründer Vagabundo Living GmbH).
Im ersten Abschnitt des Gesprächs ging es um verschiedene Ansätze des Wohnens und die notwendige Optimierung des Bauprozesses.
Katrin Frische brachte Erfahrungen aus den Projekten KoDorf Wiesnburg und Borgo Batone in der Toskana mit. Dabei ging es um die Communitybildung in Dorfgemeinschaften. Klaus Cronau setzte den Fokus auf Fertighaus-Konzepte und die energetische Versorgung von Bestandsgebäuden im Kern. Michael Leitner stellte die Idee des Tiny Houses und der Modularität im Hausbau vor, welche vor allem durch die Themen Nachhaltigkeit, Flexibilität und Minimalismus geprägt sind.
Das Projekt Kodorf beinhaltet eine neue Idee des gemeinschaftlichen Wohnens. Das Mindset der Menschen hat sich verändert, aber auch die eigenen Bedürfnisse in verschiedenen Lebensphasen. Deshalb sei es von Vorteil, die Wohnsituation an die jeweilige Lebenssituation anzupassen bzw. zu wechseln. Bei dem Projekt KoDorf handelt es sich um eine innovative Dorfgemeinschaft, welche aus individuellen Häusern, aber auch üppigen Gemeinschaftsflächen besteht. Der Grundgedanke ist, dass man ein Haus an denjenigen weitergibt, dessen Bedürfnissen es entspricht. Zudem wirkt die Gemeinschaftlichkeit der Einsamkeit entgegen.
Katrin Frische hat mit einer Genossenschaft bereits mehrere fluide Dorfgemeinschaften gegründet. Das neueste Projekt ist ein verlassenes Dorf in der Toskana in Italien. Man kann diese Idee aber auch auf bestehende Orte anwenden. Wichtig dabei sei aber Eigentumsstreitigkeiten abzuwenden. „Es kann nur ohne Ego-Denken funktionieren”, sagte Katrin Frische. Das Dorf gehört allen mit bestimmten Nutzungsrechten. Man besitzt somit nicht ein bestimmtes Haus, sondern einen Teil des Dorfes. Network-Mitbegründer Jonatan Freund, welcher durch die Veranstaltung führte, merkte an, dass das Gemeinschaftsgefühl wohl einer „riesigen WG” gleiche.
Um bestehende Ortsstrukturen zu verändern, müsse sich aber noch einiges verändern. „Es müssen alle Stakeholder an einen Tisch gebracht werden, um den Bauprozess zu optimieren und Lösungsansätze auszubauen“, so Klaus Cronau. Auch Katrin Frische erzählte von ihren zahlreichen Behördengängen, die den Bauprozess erschwerten. Es sei somit wichtig, den Prozess in den einzelnen Einheiten zu beschleunigen.
Die Lebensstile verändern sich. Der Trend geht immer mehr zur Nachhaltigkeit und man achtet mehr auf die Materialien. „Wir wollten langlebige Häuser bauen, etwas Verrücktes wagen”, erzählte Michael Leitner. So kam die Idee, ein zweistöckiges Tiny House zu bauen. Ein Tiny House wird als vollwertiges Haus begriffen, wofür ein Bauantrag nötig ist und welches sowohl im ländlichen als auch im städtischen Bereich genutzt werden kann. Das Wohnerlebnis findet auf 28qm statt, weshalb man sich die Frage stellen muss, was man wirklich zum Leben braucht. Zudem bieten ein geringeres Investitionsvolumen und die steigende Flexibilität einen Vorteil.
Der eigene Wohnbedarf ist individuell, weshalb man als Unternehmen auf die Kunden eingehen und die verschiedenen Bedürfnisse abbilden muss. „Wir machen nicht den Markt, der Markt macht uns.” erklärte Klaus Cronau. Deshalb müsse sich ein Unternehmen an die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Kunden anpassen.
Im zweiten Teil des Gespräches wurde darüber diskutiert, welche Anreize das Leben in einem Dorf bietet und was man sich selbst für die zukünftige Dorfentwicklung wünscht.
Ein Leben auf dem Land sei weniger komplex: weniger Verkehr, weniger Lärm, mehr Natur und Ruhe. In der Stadt sei zudem die individuelle Freiheit eingeschränkt. und auch weniger Kosten kommen auf den Einzelnen zu. Klaus Cronau führte an, dass ein Dorf vor allem durch die eigene Willkommenskultur geprägt sei. Offenheit und Integration spielen eine wichtige Rolle, um eine Gemeinschaft zu stärken und Hilfestellungen zu bieten. Aber auch die Infrastruktur in einem Dorf sei von großer Bedeutung. Um dem Fachkräftemangel in der Region entgegenzuwirken, müsse man Kultur fördern und Wohnraum für Mitarbeitende schaffen. Man kann zum Beispiel funktional in Dörfern nachverdichten. Deshalb geht die Firma FingerHaus auch das Thema „Leerstand in Dörfern” an. So wurden schon Häuser in Scheunen gebaut.
Ein Mix der verschiedenen Ideen könnte dazu dienen, den ländlichen Raum zu stärken. Ein Tiny House auf dem Dorfplatz? Vielleicht wäre das ein neuer Ansatz für einen Zukunftsort. Man muss auf jeden Fall Überzeugungsarbeit leisten und die Dorfkerne aktivieren.
Abschließend wünschen sich die drei Diskutanten mehr Offenheit für Neues, den Blick über den Tellerrand zu wagen und an den Nächsten zu denken, um das zukünftige Miteinander zu stärken. Klaus Cronau betont, man brauche aber auch die Wirtschaft, damit genügend Jobs in der Region vorhanden seien, um den kommunalen Haushalt mit Geld zu versorgen. Des Weiteren sei eine Willkommenskultur nötig, damit sich Mitarbeitende wohlfühlen. Man muss also vor allem auch verschiedene Perspektiven kennenlernen.
Neben der Firma MW-Event, welche die technische Umsetzung des Livestreams ermöglichte, dankt das Team von Network Waldeck-Frankenberg allen Diskutanten, Gästen und Unterstützern des Events. Besonderer Dank geht an FingerHaus und AXA für das Bereitstellen der Location und für das Sponsoring.
Solltet ihr das Kamingespräch verpasst haben, könnt ihr es euch hier noch einmal ansehen!
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