Kooshan Baheri

Kooshan Baheri, warum studierst du Soziale Arbeit?

Arbeitsstunden am Computer, Schichten im Schwimmbad, Vorlesungen, Bandauftritte und Fototermine: Kooshan Baheris Terminkalender ist vielseitig. Im Interview spricht der 25-jährige Iraner über seinen Neubeginn in Deutschland, seine Jobs und Zukunftspläne.


Von Paula Miranda-Stracke

Lieber Kooshan, du studierst Soziale Arbeit in Paderborn. Wie bist du dazu gekommen?

Als ich vor neun Jahren nach Deutschland gezogen bin, habe ich hier viele Leute kennengelernt. Der Kontakt mit vielen von ihnen hat mein Interesse am sozialen Bereich geweckt. Ich mag es, mit Menschen zu kommunizieren, zu helfen und mit ihnen zu arbeiten, deshalb habe ich mich entschieden, Soziale Arbeit zu studieren. Außerdem habe ich schon mein Fachabi in Richtung Sozialwesen gemacht. Ich bin jetzt im 7. Semester meines Studiums und muss nur noch meine Bachelorarbeit schreiben.

Neben dem Studium arbeitest du bei einem Medizinunternehmen, bist Rettungsschwimmer und Künstler. Wie bekommst du all das unter einen Hut?

Ich versuche immer, entschlossen und diszipliniert mit meinen Aufgaben und Verpflichtungen umzugehen. Den Minijob als Qualitätsmanager bei Green Stack mache ich von zu Hause, was mir eine gewisse Flexibilität gibt, um auch beim Studium organisiert zu bleiben. Dort habe ich die Website erstellt, schreibe Softwareanforderungen und helfe auch im Kundensupport.

Als Rettungsschwimmer im Hallenbad Korbach bin ich nun schon seit drei Jahren beschäftigt und auch das ist eine Teilzeitstelle. Die Jobs als Musiker und Fotograf zähle ich eher zu meinen Hobbys. Ich investiere Zeit darein, verdiene manchmal etwas Geld, aber meistens mache ich es zum Spaß. Langweilig wird mir nicht so schnell.

Was ist dein berufliches Ziel für die Zukunft?

Sobald ich mein Studium der Sozialen Arbeit im Mai 2022 abgeschlossen habe, möchte ich in dieser Richtung arbeiten. Aber ich bin offen und je nach dem Erfolg, den ich als Künstler habe, können sich meine Pläne auch ändern. Denn an der Kunst habe ich die meiste Freude und sehe es als Berufung. Musik und Fotografie halfen mir, mich hier zu integrieren. Durch sie konnte ich schon viele Menschen kennenlernen und dort erkenne ich mich auch am meisten wieder.

Wie hast du angefangen, dich für Fotografie und Musik zu interessieren?

Mein Interesse an der Fotografie wurde vor drei Jahren geweckt. Bevor ich Fotograf wurde, habe ich viel Geld dafür bezahlt, fotografiert zu werden, allerdings ohne wirklich die Ergebnisse zu bekommen, die ich mir gewünscht habe. Da ich Herausforderungen mag und gerne neue Dinge lerne, wollte ich das selbst in die Hand nehmen. Erst hat mir ein Online-Kurs geholfen und dann habe ich mir die meisten Techniken selbst beigebracht. Heutzutage kannst du viel auf YouTube lernen, indem du Bücher liest und einfach experimentierst. Bei der Musik war es nicht anders. Ich habe vor 15 Jahren im Iran Gitarre spielen gelernt und vor sechs Jahren, mit viel Ausdauer, das Klavier. Derzeit spiele ich in zwei Bands: in Korbach in der Band Plan-B und in Paderborn in der Band Freirausch.

Erzähl mir ein bisschen über deine Familiengeschichte: Wie bist du aufgewachsen?

Ich bin im Iran geboren und aufgewachsen. Ende 2012 bin ich mit meinem Vater und meinem Bruder nach Deutschland gekommen. Meine Mutter ist vor 15 Jahren verstorben, deshalb musste mein Vater unsere Erziehung allein übernehmen. Da er vor über 30 Jahren schonmal in Deutschland gelebt hat, konnte er schon ein wenig Deutsch sprechen und hat mir damit am Anfang sehr geholfen. Durch die Schule und den täglichen Kontakt zu Einheimischen habe ich mich auch immer mehr in der Sprache zu Hause gefühlt.

Welche Klischees oder Vorurteile sind dir schon begegnet?

Weil ich eine dunklere Hautfarbe habe, einen langen Bart trage und es die Vorstellung gibt, dass Iraner:innen verschlossen oder rückständig sind, schauen mich manche Leute manchmal komisch an. Aber sobald sie mit mir reden und mich besser kennen lernen, ändern sie ihre Vorstellung von mir. Viele sind sogar überrascht und sagen, dass ich „zu deutsch“ bin. Meine Mentalität und mein Verhalten habe ich als Deutscher entwickelt, da ich mit 16 Jahren nach Deutschland gekommen bin. In diesem Alter entwickelt und formt man seinen Charakter. Heute kann ich mir nicht mehr vorstellen, wieder im Iran zu leben. In Waldeck-Frankenberg fühle ich mich zu Hause.

Kooshan Baheri

Zur Person

KOOSHAN BAHERI 

Jahrgang 1996

Ich studiere Soziale Arbeit an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Paderborn

Ich arbeite aktuell als Qualitätsmanager bei Green Stack, als Rettungsschwimmer im Hallenbad Korbach und als freischaffender Musiker und Fotograf

Meine Heimat ist Teheran, die Iranische Hauptstadt

Mein Zuhause ist Korbach

Mein Lieblingsort in Waldeck-Frankenberg ist der Edersee