Happy Ears – Auffangstation für Esel auf Rhodos

Christiane Ricken:

Esel gehören zu den ältesten Haustieren der Welt. Sie sind besonders schlaue und empathische Tiere. Christiane Ricken ist Osteopathin und kommt aus Korbach. Mit ihrer Tierschutzorganisation Happy Ears auf Rhodos möchte sie Esel schützen und auf die Bedürfnisse der Tiere aufmerksam machen. Was ihre Arbeit so besonders macht und wie wir die Esel unterstützen können, erzählt sie uns im Beitrag.


Von Neele Henkler

Ich bin: Osteopathin

Ich bin: Osteopathin

Liebe Christiane, wie kam es zur Gründung deiner Tierschutzorganisation?

Ich bin auf einem Aussiedlerhof groß geworden und habe bereits mit 11 Jahren angefangen, Tiere zu retten. Ich habe schon immer ein Herz für die Tiere gehabt, um die man sich nicht kümmert und die nicht gewollt sind.

Vor fünf Jahren war ich mit meinem Mann auf der griechischen Insel Rhodos im Urlaub. Nach einer Bootstour haben wir uns hinter einen Kiosk gesetzt und dort stand ein Esel, angebunden, mitten in der Sonne, ohne Dach über dem Kopf und ohne Wasser. Ich hatte großes Mitleid mit dem Tier und habe den Kioskbesitzer gefragt, ob ich mit dem Esel spazieren gehen darf. Der Besitzer hat mich belächelt, aber schließlich eingewilligt. Auf dem Spaziergang ist mir aufgefallen, dass der Esel starke Rücken- und Beckenbeschwerden hatte. Da ich Osteopathin bin, konnte ich den Esel behandeln und nach kurzer Zeit konnte er schon viel besser laufen. Ich habe mich dazu entschieden, für diesen Esel zu sorgen und mich mit dem Besitzer des Kiosks angefreundet. Zudem habe ich für Futter gesorgt und einen Zaun und Schuppen für den Esel gebaut. Da ich nicht wollte, dass der Esel alleine ist, habe ich einen zweiten Esel dazu gekauft, der ebenfalls Rückenprobleme hatte. Diesen Esel konnte ich anfänglich gar nicht anfassen, weil er geschlagen wurde und große Angst hatte. Da musste ich ganz viel Zeit investieren, damit er mir vertraute. 

Das war zuerst ein privates Projekt für mich. Dann kamen aber plötzlich mehrere Menschen und auch die Polizei der Insel auf mich zu, die mich um Hilfe baten, da vier Esel in einem Stall eingesperrt waren und ein weiterer Esel schwer misshandelt und geschlagen wurde.

Ich habe mich da verantwortlich gefühlt und davon in meinem Freundeskreis in Deutschland erzählt. Mit ihnen habe ich die Tierschutzorganisation gegründet und sie stehen mir immer wieder mit guten Ratschlägen zur Seite. Jeder erfüllt seinen Part und das schätze ich sehr. Ich bin diejenige, die am meisten vor Ort bei den Eseln ist. Die anderen kommen aber regelmäßig vorbei, besuchen uns und unterstützen uns, weil auch viel Arbeit vor Ort anfällt. Derzeit kümmern wir uns um neun Esel. Ich kümmere mich aber auch außerhalb um viele Esel.

Momentan haben wir ein Grundstück gemietet. Wir sind aber auf der Suche nach einem eigenen Feld, damit wir weitere Esel aufnehmen können.

 

Welche Mission verfolgt ihr mit eurer Organisation? 

Durch meine Erfahrungen auf Rhodos habe ich auch von dem schlimmen Schicksal der Esel auf der Insel erfahren. Auf Rhodos müssen die Esel die Touristen bei über 40 Grad die Treppen zur Akropolis hochtragen. Diese anstrengende Tätigkeit schädigt das Becken und die Wirbelsäule der Tiere massiv. Die Wirbelsäule der Tiere ist überhaupt nicht für das Reiten gemacht. Außerdem brechen die Esel unter der Hitze zusammen. 

Wenn die Esel zu alt oder zu krank sind, versuchen die Menschen die Esel auf schnellstmögliche Weise loszuwerden. Niemand auf der Insel interessiert sich danach wirklich für diese Tiere. Sie werden als nutzlos empfunden, weshalb sie vernachlässigt und schlecht behandelt werden.

Mein größter Wunsch ist, dass sich nur noch Kinder auf Esel setzen und dass das Eselreiten überall aufhört! Das ist wirklich Tierquälerei. 

Mit unserer Tierschutzorganisation möchten wir Esel retten, die Menschen auf der Insel unterstützen und den Eseln ein restliches schönes und angstfreies Leben bei uns bieten. 

 

Was fasziniert dich an Eseln bzw. an der Arbeit mit Eseln?

Überall auf der Welt werden Hunde und Katzen gerettet, aber der Esel wird so gar nicht wahrgenommen. Und das, obwohl ein Esel ein so toller Freund für den Menschen sein kann. Bei meinen Eltern hat damals der Stall gebrannt und alle Zäune waren innen verknotet. Unser Esel hat es geschafft, alle Knoten zu lösen und die Schafe im Stall zu retten. Esel sind clevere Tiere. Dort, wo sie sich zu Hause fühlen und gut behandelt werden, zeigen sie einen starken Charakter und beschützen ihr Umfeld.  Der Esel ist also ein ganz besonderes Tier und ich möchte, dass die Menschen so ein Tier besser kennenlernen. Das Narrativ des Esels sollte auch verändert werden! Ein Esel ist auf keinen Fall stur oder doof. Esel sind sehr schlau, können sehr weit riechen und bis zu 45 Jahre alt werden. Außerdem lernen sie sehr schnell neue Tricks und können richtig lachen und Grimassen ziehen.

Esel gehen gerne Lebensgemeinschaften ein und leben oft in großen Herde zusammen. Die Arbeit mit diesen tollen Tieren ist ein großes Herzensprojekt für mich und sie verdienen noch so viel mehr Anerkennung von den Menschen!

 

Wie sieht euer Arbeitsalltag auf Rhodos aus?

Es gibt keinen normalen Esel-Alltag bei uns. Jeder Tag sieht anders aus. Momentan kann ich bei griechischen Freunden für wenig Geld ein Zimmer mieten, da ich sehr oft hier sein muss. Meine Esel haben durch das Tragen der Touristen schwere Hufprobleme, weshalb die Hufe sehr oft behandelt werden müssen. Alle Esel werden jeden Tag medizinisch versorgt – jeder Esel hat da spezielle Anforderungen und individuelle Probleme. Die Esel sind schon etwas älter, deswegen bewege ich sie viel. Ich gehe mit jedem Tier eine Runde spazieren, damit sie auch etwas von der Insel sehen, Vertrauen aufbauen können und verstehen, dass es ihnen jetzt gut geht und sie keine Angst mehr haben müssen. Ich möchte, dass sie ihr restliches Leben bei uns bleiben können. Manchmal falle ich abends müde in mein Bett, weil viel Arbeit anfällt, die Tiere geben mir aber wiederum jeden Tag so viel Liebe und Energie zurück. Es dauert auch, bis die Esel mir vertrauen, wenn sie zuvor schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht haben. Es ist also eine sehr intensive Arbeit. 

Die Esel wandern total gerne. Deshalb bieten wir auch Eseltouren an. Die Touristen kommen bei uns zu Besuch und gemeinsam putzen wir die Esel, bevor die Tour losgeht. In kurzer Zeit kann ich schon erkennen, wer mit welchem Esel gut harmoniert und spazieren gehen kann. Auf unseren Touren kommen wir an vielen Olivenbäumen und tollen Aussichtsstationen vorbei. Ich bringe Getränke mit und erzähle viel von der Insel und den Eseln. Dass der Esel unser allererstes Haustier und der allererste Freund des Menschen ist, wissen viele Menschen nicht. 

Die Esel haben ihren eigenen Kopf. Während der Wanderung zeigen sie uns, welche Wege sie gehen möchten. Auch die Einheimischen suchen den Kontakt mit den Eseln und mir. Junge Familien, behinderte Menschen oder auch Schulklassen sind bisher schon vorbeigekommen, um die Esel zu besuchen und sie besser kennenzulernen. Es ist so schön zu sehen, wie viel Freude die Esel den Menschen bereiten und wie viel Spaß es den Eseln macht, mit den Menschen zu wandern. Die Schulkinder haben hier bei uns teilweise den ersten Kontakt mit Eseln.

Bei uns fanden auch schon zweimal Bachelor TV-Dreharbeiten des bulgarischen und dänischen Bachelors statt. In der Mitte des Esel Paddocks hatte der bulgarische Bachelor mit einer Kandidatin ein romantisches Dinner-Date unter den Olivenbäumen. Auf dem großen Tisch waren auch viele Äpfel verteilt, wodurch die Esel bei dem Dinner mitgegessen haben. Das Bachelor-Team hat sehr viel gelacht und die Redakteurin meinte zu mir, dass es der lustigste Bachelor-Drehtag überhaupt war.  Es war auch schön und berührend zu sehen, dass ein Esel, der erst vier Wochen zuvor mit einem gebrochenen Oberkiefer zu uns gekommen ist, glücklich inmitten des Bachelor Teams stand, sich auf alles eingelassen und von vier Frauen putzen lassen hat. 

 

Wie kann man euch unterstützen und helfen?

Wir sind eine eingetragene Tierschutzorganisation. Auf unserer Website happyears.org haben wir ein Spendenkonto hinterlegt. Wir sind auch in der Lage, Spendenquittungen auszustellen. 

Alles, was von diesem Spendenkonto ausgegeben wird, steht nur den Eseln zur Verfügung. Das heißt, dass wir davon die Tierarztkosten, Futter, Hufschmiede und die Unterstände bezahlen. Aufgrund schlimmer Stürme und der schweren Brände im letzten Sommer auf Rhodos sind viele Schäden aufgetreten. Wir mussten zum Beispiel neue Unterstände bauen. Das Futter hier ist ebenfalls sehr teuer. 

Die Spenden unterstützen uns dabei, noch vielen weiteren Eseln zu helfen. Zudem brauchen wir oft einen Tierarzt aus Thessaloniki oder Athen, der auf die Insel kommt, weil die Tierärzte vor Ort sich nur mit Hunden und Katzen auskennen. Den Menschen vor Ort fehlt oft das Geld, um die Tierarztbehandlungen für die Esel zu bezahlen. 

Wir hatten auch schon mal eine Volunteer für drei Monate. Sie war bereits im Sommer mit einer Reisegruppe mit niederländischen Autisten als Sozialpädagogin bei uns und wollte unbedingt noch etwas mehr Zeit bei uns verbringen. Die Kosten für ihren Aufenthalt habe ich übernommen. Momentan sind wir auch wieder auf der Suche nach einer/ einem Volunteer.

 

Was bedeutet Heimat für dich?

Heimat bedeutet für mich ganz viel Geborgenheit. Es bedeutet für mich, dass ich tolle Menschen über so viele Jahre an meiner Seite hatte, die mich in allen meinen Lebenswegen unterstützt und gestärkt haben. Ich bin ganz glücklich, wenn ich sie alle in meiner Nähe habe. Es sind auch besonders die Menschen, die mir, auch wenn ich in der Ferne bin, Kraft, Unterstützung und Energie schenken. Das möchte ich niemals missen. Die Tätigkeit der Osteopathie hat mich auch so vielen Menschen näher gebracht. Dadurch habe ich das Gefühl, überall tolle Menschen zu treffen.

Wenn ihr mehr über die Tierschutzorganisation Happy Ears erfahren wollt, schaut gerne mal auf ihrer Website happyears.org oder auf dem Instagram-Account der Organisation happyears_ev vorbei! 

Christiane Ricken

Jahrgang 1973
Studiert habe ich Osteopathie und Sportphysiotherapeutin
Aktuell arbeite ich als Osteopathin.
Meine Heimat ist Korbach.
Mein Lieblingsort in Waldeck-Frankenberg ist alles rund um den Twistesee.
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Interviews, Wissen und Erfahrungen:
Menschen, die in Waldeck-Frankenberg leben
oder arbeiten, erzählen von ihren Karrieren.